Goldgräber, Schuhfabrikant und engagiert im amerikanischen Bürgerkrieg Morris Selz
Die „82nd Illiniois Infantry“ mit ausgesprochen hohem Anteil Deutscher Auswanderer hat sich besonders in den Schlachten von Chancellors (Mai 1863) und Gettysburgh (Juli 1863) ausgezeichnet. Als in den Vereinigten Staaten der Bürgerkrieg zwischen den Nord- und Südstaaten ausbrach, nahmen daran auch viele Einwanderer der zurückliegenden Jahre teil. Juden gehörten allen Einheiten an. Im Sommer 1862 suchte Präsident Lincoln weitere 300 000 Freiwillige für sein Militär. Daraufhin meldeten sich auch viele Juden. In Chicago formierten sie unter anderem eine eigene Einheit, die „Israelite Compagnie“, die später als Kompanie C der „82nd Illinios Infantry“ bekannt wurde. Es galt nun in Versammlungen Freiwillige für eben diese Kompanie C zu rekrutieren. An vorderster Front und in Zeitungsartikeln immer wieder erwähnt wurden die beiden ehemaligen Bürger aus Niederstetten: Stettheimer und Stelz.

Von letzterem ist bekannt, dass er anfangs der 40er Jahre als junger Mann in New York landete. Sein ganzer Besitz bestand aus einem alten preußischen Talar. Sein voller Name: ursprünglich Moises, jetzt Morris, geboren als siebtes Kind des Seilermeisters Jakob Hirsch Selz in Niederstetten.
Mit ausgewandert waren Mitglieder der Familie Stettheimer - Dieser Name wurde von einigen Familien in Niederstetten angenommen in Anlehnung an das alte Stetten oder „Schteite“. Die Freundschaft der beiden Familien wurde auch in der Neuen Welt gepflegt.
Als der junge Morris zu etwas Geld gekommen war, kaufte er sich ein Pferd und einen Wagen und zieht nach Georgia, wo er bis zum Einsetzen des Goldrausches lebte und arbeitete. Dann verkaufte er alles und zog über Panama nach Kalifornien.

Er ließ sich in Jamestown nieder, später in Sonara. Dort wurde er Goldgräber, Minenarbeiter, Ladeninhaber. Nachdem er sich ein kleines Vermögen verdient hatte, ging es weiter nach Chicago. Dort lebten auch die alten Freunde und Verwandten. Er heiratete, bekam Kinder und begann mit dem Anfertigen von Schuhen. Eine Fabrik entstand und wuchs. Sehnsüchtig dachte Morris immer wieder zurück an seine Heimatstadt im Vorbachtal. Doch die große Reise zurück fand nie statt. Als er am 3. Juni 1913 verstarb, herrschte große Trauer, war er doch auch ein weit geachteter Wohltäter. Später sind es seine Kinder, die in den Jahren des Dritten Reichs mithelfen, jüdischen Gemeindegliedern die Auswanderung zu ermöglichen.
Auf der rauen Alb
Nach langem Warten und einer Zeit der Arbeitslosigkeit übernahm Jakob Stern dann eine Stelle am Rande des Schwarzwaldes als Rabbinatsverweser. Der Synagogenvorstand war zufrieden mit ihm und wollte ihn nach einem knappen Jahr endgültig anstellen. Doch die staatliche Kirchenbehörde entschied anders. Der Anfänger solle sich zunächst in Buttenhausen auf der rauen Alb hochdienen. Für Rabbiner war diese Region seit langem ein hartes Pflaster. Die meisten hielten es dort nicht lange aus. Die jüdische Gemeinde wurde von einem selbstbewussten Vorstand geleitet. Kaum angekommen wurde Jakob Stern auch schon angegriffen. Er würde die Ritualgesetze nicht genau einhalten, hieß es. Und in der Tat: vom Studium und dem liberalen Gedankengut beeinflusst, hielt er diese Gesetze für historisch bedingt und nicht mehr zeitgemäß. Außerdem verkehrte er mit Christen in einer Wirtschaft, in der man nicht immer koscher essen und trinken konnte. Er weigerte sich nachmittags vor leeren Bänken in der Synagoge vorzulesen, nur weil niemand nach dem Sinn oder Unsinn dieser alten Tradition fragte. Buben spielten ihm Streiche und so war eines Tages die Haustür der Sterns mit Kot beschmiert. Rabbiner, Journalist und Sozialdemokrat Mitten im Zentrum Stuttgarts, in der Nähe der Liederhalle, fällt am 1. April 1911 ein Revolverschuss. Drei Tage ringt der ehemalige Rabbiner Jakob Stern mit dem Tod. Seine Tochter findet ihn blutüberströmt am Schreibtisch mit einer rauchenden Zigarre im Mund. Auf dem Kopf die Kippa und die blutbefleckte hebräische Bibel aufgeschlagen. Seit Jahren ist er bereits schwer gezeichnet von einer Krebskrankheit und Depressionen.

Auf seiner Beerdigung treffen sich die Spitzen der Sozialdemokratie und in ihrem Nachruf schreibt Clara Zetkin, der Verstorbene sei der erklärte Liebling und Wortführer der Stuttgarter Arbeiterschaft gewesen. Allerdings merkt sie an, er wäre nicht immer ein Mann der klipp und klaren Entscheidungen gewesen. Er hätte jedem Ja ein Aber hinzugefügt. Der Hohenloher und ehemalige Rabbiner hatte sich, nachdem er mit seiner Religion gebrochen hatte, der sozialdemokratischen Bewegung angeschlossen. Er wird einer ihrer Wortführer im Südwesten, Leitartikelschreiber und Redner. Er schreibt entscheidend mit am Programmentwurf für den Erfurter SPD- Parteitag 1891 und steht in enger Verbindung zu Karl Kautsky und anderen Größen der Partei.
Mit Schäferlocken im Vorbachtal Seiner Herkunft nach stammte Jakob Stern aus der großen und verzweigten Familie Stern, die in der vierten Generation in Niederstetten ansässig war. Am 28. Mai 1843 wurde er dort geboren. Sein Vater gehörte zu den armen Hausierhändlern, die auf dem Rücken ihre Ware durch die Dörfer trugen. Er bekleidete das Amt des Beschneiders (mohels). Man pflegte die traditionelle orthodoxe Frömmigkeit. Mit 15 Jahren kam der Junge nach Pressburg auf die damals größte und einflussreichste Talmud Hochschule Europas. Eine Hochburg der Orthodoxie, denn die württembergischen Juden bekämpften das Reformjudentum, das unter dem Einfluss liberaler Bewegungen im Entstehen war. Doch der junge Mann tat sich schwer mit der gelehrten Gesetzeskasuistik der Orthodoxie. Er wendete sich einer neuen Richtung im Ostjudentum zu, dem Chassidismus; eine von Polen und der Ukraine ausgehende Frömmigkeitsbewegung, die sich mit Mystik, Gebet und aktiver Gottesliebe beschäftigt. So kehrte der Student auch äußerlich als Chassid zurück. Mit Schäferlöckchen und einem angeeigneten polnisch- jiddischen Akzent. In Niederstetten war man entsetzt. Erst recht als der Junge mit diversen strengen Speisevorschriften den Haushalt der Mutter aufmischte und sich mit Zahlenmystik beschäftigte, wovon man bekanntlich nicht leben konnte.

Er entschloss sich nach einer Weile an einer Landesuniversität zu studieren. In Tübingen setzte er sich mit christlicher und mosaischer Theologie auseinander. Er lernte die historisch kritische Methode der liberalen evangelischen Theologie kennen. Damit gelangte er auf die Höhe des wissenschaftlichen Fortschritts, was ihn von seinem bisherigen Standpunkt abrücken ließ. Erst recht entfremdete ihn dies vom konservativen Landjudentum, doch eben nur dort gab es Rabbinatsstellen.
Schon während seiner ersten Dienstprüfung befasste er sich mit den Werken des Philosophen Baruch de Spinoza, dem großen Ketzer des Judentums. Dessen Schrift „Ethik“ übersetzte Jakob Stern später vom Lateinischen ins Deutsche. In Niederstetten gründete er einen reformjüdischen Bildungsverein und begann selbständig zu publizieren. Sein Motto: „Die Religion Israels nach dem Geiste und die reine Religion der Humanität sind identisch“. Dies dürfte nicht nach dem Geschmack seines Schwiegervaters gewesen sein, der vermutlich die Druckkosten auch noch bezahlen musste. Denn Jakob Stern hatte 1872 die Tochter eines ortsansässigen Weinhändlers geheiratet, mit der er zwei Töchter und zwei Söhne hatte.
Weiter lesen Jakob Stern
Der Rabbiner redete Tacheles, wenn er die Juden aufforderte, wie andere auch des Königs Geburtstag zu feiern und sich nicht zu weigern aus dem deutschsprachigen Gesangbuch zu singen. Skurrile, nicht beweisbare Vorwürfe kommen hinzu. Er hätte einem verarmten und kinderreichen Gemeindeglied einen Briefumschlag mit einem Kondom eingeworfen.
Noch mehr Ärger entstand, als der Rabbiner anonym in der Münsinger Zeitung die Buttenhauser Juden des Wuchers bezichtigte. Er hatte wohl Angst, dass die Geldgeschäfte in der Gründerzeit den militanten Antisemitismus verstärken könnten. Schlussendlich prallten zwei Welt aufeinander: Stern lebte mit einer eher idealistischen Weltvorstellung. Von wirtschaftlichen Zusammenhängen und Notwendigkeiten hatte er wenig Ahnung. Er war zwar ein guter Theologe und fähiger Schriftsteller, aber für die neuralgischen Punkte seiner Gemeinde hatte er kein Verständnis. So gab es ständige Reibereien und Dienstaufsichtsbeschwerden.
Schließlich wurde er suspendiert und musste Buttenhausen verlassen, zunächst mit der Hälfte seiner Bezüge. Er zog nach Stuttgart. Stern bezeichnete sich jetzt selbst als Freidenker und begann eine Existenz als Schriftsteller aufzubauen. Doch noch war er Rabbiner und wurde deshalb von den Orthodoxen beobachtet. Man denunzierte ihn, er würde die Speisevorschriften nicht einhalten, Feiertage nicht respektieren. Es gab das Gerücht, man hätte gesehen, wie er am Sabbat vor der Stuttgarter Synagoge demonstrativ Schinkenbrötchen aß. Schließlich wurde er entlassen und bekam Berufsverbot. Wenige Tage später ging er aufs Rathaus und trat mit seiner Familie aus der Synagoge aus, aber nicht in die christliche Kirche ein.

Von der Polizei bespitzelt... Der Sozialist mit dem roten Taschentuch
Zurück Dem Debakel folgend, knüpfte er verstärkt Kontakte zu den Spitzen der Sozialdemokratie, die ihn anfangs durchaus kritisch beäugten und nicht alles durchgehen ließen, was er notierte. 1886 starb, erst 38 Jahre alt, seine Frau Rifka. Die beiden Söhne wurden zu Verwandten in die USA geschickt und blieben dort. Die Töchter führten den Haushalt.
Jakob Stern beschäftigte sich mit der Theorie des Sozialismus und begann fleißig zu schreiben. Damit hatte er Erfolg. Auch als Redner auf Versammlungen war er nun gefragt. Dies führte dazu, dass Jakob Stern von der Polizei bespitzelt und als einer der Radikalen unter den Agitatoren bezeichnet wurde.

Stern verspottete den Bismark-Kult. Als im Herbst 1890 die Bismarckschen Sozialistengesetze abgeschafft wurden, veranstaltete man in Stuttgart eine Siegesfeier. Um Mitternacht inszenierte Stern eine Kabarett-Nummer. Am Rednerpult zog er ein rotes Taschentuch hervor – vermutlich ein altes Erkennungszeichen verfolgter Sozialisten – und wischte sich die Krokodilstränen ab. Die bisher immer anwesenden und längst bekannten Polizeispitzel verabschiedete er mit ein paar bissigen Bemerkungen unter großer Heiterkeit der Anwesenden. Es war der Höhepunkt seines Schaffens und seiner Popularität.

Um sich und seine Kinder durchzubringen, arbeitete der anrüchige Sozialist als Autor und Journalist. Es entstanden Werke wie „Der lustige Bädecker“, „Wie schreibe ich lustige Postkartengrüße“ und „Das Lexikon der Schönheitspflege“. Unter anderem Namen veröffentlicht, ließ er dabei immer wieder soziale und philosophische Aspekte durchscheinen. Auf der anderen Seite veröffentlichte er aber auch radikale politische Kampfschriften, Gewerkschaftslieder und Reden.
Ab 1903 konnte Jakob Stern nicht mehr öffentlich auftreten, schrieb aber weiter. So trat er vehement für die Abschaffung der Todesstrafe ein. Sein vermutlich letzter Aufsatz über die
„Moral als Waffe der Klassengesellschaft“ ist heute noch erhalten.
Was blieb sonst noch nach seinem Tod? Ein großes literarisches Werk ja, aber daneben recht wenig. Ein Becher mit einer Gravur des jüdischen Vereins in Niederstetten, den er einst mitbegründet hatte. Und ein kleines Album mit Sinnsprüchen. Passend zur intellektuellen Neugier und Wissbegierde dieses Mannes kann man dort lesen: „Wo der Baum der Erkenntnis steht, ist immer auch das Paradies.“
Mäzen und Ausstatter der Winzertanzgruppe
Im Heimatbuch aus dem Jahr 1930 werden bei den dort genannten Persönlichkeiten und Gönnern wie Wilhelm Bernheim keine Ausführungen zur Religion oder Konfession gemacht – ein Zeichen der Integration der jüdischen Bevölkerung im Alltagsleben in Niederstetten. Wilhelm Bernheim
In einem alten jüdischen Familienregister aus Niederstetten ist die Geburt eines Wilhelm Bernheim am 18.02.1874 vermerkt. In den „Jugenderinnerungen“ von Bruno Stern wird berichtet, dass Wilhelm Bernheim der Sohn eines ehemaligen jüdischen Lehrers war. 1921 entschloss er sich, das Vorbachtal zu verlassen und nach St. Gallen in die Schweiz auszuwandern. Dort arbeitete er zunächst als Fabrikarbeiter bevor er ein Spitzenwarengeschäft gründete und betrieb.

Seine Verbindung zur alten Heimat blieb bestehen, wobei er sich großzügig zeigte. So stiftete er in Niederstetten in der Röhrenbrunnengasse einen Brunnen mit der Widmung: „Der Heimat“. Der Stoff für die Mieder, Röcke, Westen und Hosen der im Jahr 1925 gegründeten Winzertanzgruppe wurde von Wilhelm Bernheim finanziert. Weiter stiftete er einen Verschönerungsfonds, den Vorgarten der Synagoge, einen Ofen für die Synagoge und den Blumenschmuck rund um das Rathaus. Immer wieder gab er große Beträge zur Linderung der Not in der Stadt, wobei er keinen Unterschied des Standes oder der Konfession gelten ließ. In Anbetracht seiner Verdienste um die Stadt Niederstetten wurde Wilhelm Bernheim in der Zeit der Weimarer Republik zum Ehrenbürger ernannt. Der Platz an dem von ihm gestifteten Bernheimbrunnen wurde sogar in „Bernheimplatz“ umbenannt.

Dieser Brunnen wurde freilich im Dritten Reich „nazifiziert“. Denn in der Zeit des Nationalsozialismus wurde Juden keine Heimat zuerkannt. Kurz vor Ausbruch des zweiten Weltkrieges wurde dann ein neuer Brunnen geschaffen, der bis in die 1980er Jahre in der Röhrenbrunnengasse stand.
Das erste Auto der Familie Stern Max und Bruno Stern In der jüdischen Gemeinde war Max Stern Mitglied des Vorstands und übte das Ehrenamt des Mohels – des rituellen Beschneiders – aus. Am 25. März 1933 gehörte er zu den jüdischen Männern, die von einem nationalsozialistischen Schlägertrupp grausam misshandelt wurden – hiervon würde er sich körperlich und seelisch nie wieder erholen. Ende 1938 gelang es Max Stern, gemeinsam mit seiner Frau in die USA auszuwandern. Im Dezember 1943 starb er in New York. Max Stern
Max Stern
Bruno Stern Bruno Stern wurde im Jahr 1912 in Niederstetten geboren. Nach dem Abschluss seines Zahnmedizinstudiums entschloss er sich 1937, in die USA zu emigrieren. Hier gelang es ihm, sich mit harter Arbeit allmählich eine Existenz aufzubauen, allerdings nicht in seinem erlernten Beruf.
In zwei Büchern schilderte er voller Emotion, aber ohne Groll das Leben in der NS-Zeit, die Emigration in die USA sowie die Nachkriegszeit. „Meine Jugenderinnerungen an eine württembergische Kleinstadt und ihre jüdische Gemeinde“ erschien 1968. Im Jahr 1985 folgte „So war es – Leben und Schicksal eines jüdischen Emigranten“. Bewegend beschreibt er darin die Verzweiflung der Juden, plötzlich Fremde im eigenen Heimatland sein zu müssen und dieses schließlich ganz zu verlieren.

Der begeisterte Hobby-Fotograf erstellte in der Nachkriegszeit eine Tonbildschau ("Meine Stadt, mein Haus und meine Familie“) über Niederstetten, mit der er der liebenswürdigen Kleinstadt seiner Kinder- und Jugendzeit ein Denkmal setzte. Im Juni 1972 besucht er seine alte Heimatstadt noch einmal und beschreibt sehr emotional die Begegnungen mit Menschen, die er noch wiedererkannte. 1981 starb Bruno Stern in New York.
Bruno Stern
Noch heute ist die Erinnerung an zwei Vertreter der jüdischen Gemeinde von Niederstetten wach: Max Stern und sein Sohn Bruno.

Max Stern wurde als Sohn einer alteingesessenen jüdischen Familie in Niederstetten geboren. Später heiratete er Rosa, die wie viele andere jüdische Mädchen auch die katholische Mädchenschule St. Bernhardt in Bad Mergentheim besuchte und Mitglied des hiesigen Landfrauenverbandes war.

Nach seiner Rückkehr aus dem 1. Weltkrieg begann er einen Fell- und Lederhandel. Lange Jahre war er ein hoch angesehenes Mitglied des Niederstettener Gemeinderats. Als Mitglied des Gewerbevereins kam er über deren Liste ins Kommunalparlament. Bei einer Wahl erreichte er gar die zweithöchste Stimmenanzahl.

Er entwickelt sich zum Urheber und Wegbereiter vieler Projekte der Stadt. Insbesondere gingen der Bau der städtischen Wasserleitung und des Freibades auf seine Initiative zurück. Im Jahr 1930 wurde ihm die Aufgabe anvertraut, das erste Niederstettener Heimatbuch herauszugeben. Außerdem schrieb er als Lokalberichterstatter für zwei Zeitungen und begeisterte sich für Literatur und Poesie. Mehr als 5000 Bücher gab die Familie Stern bei ihrer Emigration bei einem Stuttgarter Antiquar in Kommission, um sie so günstig wie möglich zu verkaufen.

Im weltoffenen Haus der Sterns waren oft Besucher anzutreffen, auch solche aus der Stadt, die Neuigkeiten, politische Gerüchte, Vorahnungen, aber auch die neueste Mode mit nach Niederstetten brachten.
Lehrer und Kantor - (1933 bis 1937 in Niederstetten) Ruth Ehrenberg und Siegbert Kahn bei der Einschulung mit Alexander Roberg Alexander Roberg Alex(ander) Roberg wurde am 2. April 1914 in Berlichingen als Sohn des Kaufmanns Feodor Roberg und Ernestine (geborene Hanauer) geboren. Er studierte 1927 bis 1933 an der Präparandenanstalt in Höchberg, dann an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in Würzburg.

1933 wurde er Lehrer in Niederstetten. Er war ein geschätzter Gesprächspartner von Pfarrer Hermann Umfrid. Roberg gewann rasch die Sympathie und Liebe der jüdischen Gemeinde ebenso wie die Achtung der Christen. 1937 zog er nach Stuttgart. Nach der Emigration zwei Jahre später wurde er Leiter der United Hebrew Schools in Detroit, Michigan, USA. Später wurde er Executive Director der Congregation Gemilluth Chassodim Detroit; dazu Vorsitzender der Friends of Shaare Zedek Hospital in Jerusalem.

In einem Brief aus dem Jahr 1980 erinnert sich der ehemalige Lehrer: Herr Stadtpfarrer Umfrid erklärte mir bei meiner Ankunft in Niederstetten, mich jederzeit frei zu fühlen, seine Hilfe für die jüdischen Mitbürger in Anspruch zu nehmen. Seine religiöse und menschliche Überzeugung erlaubte es ihm nicht, trotz der ihm bewussten Gefahr, die feige Einstellung seiner Umwelt zu teilen.“

Roberg veröffentlichte unter anderem über die Israelitische Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. 1981 lebte er im Ruhestand in Detroit. Er starb am 22. Februar 1998 in Oak Park, Michigan.
Gebäude der ehemaligen Präparandenschule in Höchberg
Shaare Zedek in den 1950er Jahren